
Was am Sonntag geschah, als auf Anweisung von Belarus Präsident Lukaschenko ein touristischer Flug zwischen zwei EU-Hauptstädten abgefangen und umleitetet wurde, ist wie Ratspräsident Charles Michel richtig sagte „ein internationaler Skandal". Hier wurde nicht nur Roman Protasewitsch, ein prominenter belarussischer Journalist, der über die brutale Unterdrückung in seinem Heimatland berichtet hat, unrechtmäßig verhaftet, sondern auch Zivilisten in Gefahr gebracht.
Es ist richtig, dass die Staats- und Regierungschefs der EU jetzt Sanktionen gegen belarussische Einzelpersonen und "Einrichtungen" verhängen. Gleichzeitig haben sie angekündigt, dass bald Maßnahmen ergriffen würden, um belarussischen Fluggesellschaften das Fliegen im EU-Luftraum oder den Zugang zu den Flughäfen zu verbieten. Das war eine (selten gesehene) schnelle und energische Reaktion der EU auf diesen staatlich geförderten Terrorismus.
Wir müssen jetzt aber noch einen Schritt weitergehen und weitere Sanktionen erlassen, denn Diktatoren wie Lukaschenko lassen sich nur mit Stärke beeindrucken. Dazu sollte Belarus von SWIFT, dem globalen Interbankenkommunikationssyste m, abgeschnitten werden. Solche Maßnahmen gab es bereits gegen den Iran und wurden im Falle von Russland mehrfach gefordert. Dafür müssen die USA und die EU eine koordinierte Antwort geben und die Abkopplung von SWIFT vorantreiben.
Es ist an der Zeit, internationales Recht und Ordnung zu verteidigen, bevor es zu spät ist, denn Belarus ist ein kleines Land mit einer Bevölkerung von knapp 10 Millionen Menschen. Aber diese Entführung durch das Lukaschenko-Regime setzt einen gefährlichen globalen Präzedenzfall. Ein Präzedenzfall, der auch von viel größeren Ländern, die ihre heimischen Feinde auch gerne im Ausland verfolgen, genau beobachtet werden - insbesondere von Ländern wie China. Wenn selbst ein kleines Land wie Belarus verlangen kann, dass ein Flugzeug nach Minsk umgeleitet wird, was soll dann die chinesische Führung davon abhalten, ein Flugzeug zur Landung in Beijing zu zwingen?