Schülerpraktikum bei Engin Eroglu MdEP

+++ Schülerpraktikum bei Engin Eroglu MdEP +++
-- Ein persönlicher Erfahrungsbericht aus dem Europäischen Parlament in Brüssel --
von Lars Itzenhäuser | Engin Eroglu ist Europaabgeordneter und sitzt seit 2019 für die FREIEN WÄHLER im Europaparlament. Auf europäischer Ebene ist die Partei Mitglied der EDP (Europäische Demokratische Partei), welche wiederum zur 2019 gegründeten Fraktion „Renew Europe“ gehört. Im Rahmen eines journalistischen Praktikums, finanziert von ebendieser Fraktion, hatte ich die Möglichkeit, eine Woche lang den politischen Alltag in Brüssel zu begleiten.
Schon seit längerem interessiere ich mich persönlich für Politik. Neben dem PoWi-Unterricht in der Schule und dem Verfolgen der Nachrichten, weckte mein Vater durch sein Mandat im Stadtrat mein Interesse. Im Zuge einer Präsentation an unserer Schule, bei welcher Herr Eroglu ausführlich auf die Organisationsstrukturen und Abläufe in der EU erläuterte und natürlich auch die politische Positionen seiner Partei darlegte, ergab sich im Gespräch die Möglichkeit für mich, eine Woche lang hautnah in die europäische Politik einzutauchen.
Die normale Arbeitszeit im Parlament erstreckte sich, abgesehen vom Freitag, von morgens um 9.00 Uhr bis abends um 18.30 Uhr. In einem Mitarbeiterbüro bekam ich einen eigenen Schreibtisch zugeteilt. Die gute Ausstattung des Arbeitsumfeldes ist auf jeden Fall positiv hervorzuheben. Entgegen der oft getroffenen Annahme, dass die Digitalisierung in Behörden nicht vorankäme, kann ich das vom EP nicht behaupten. Moderne Computer und Drucker, elektrisch verstellbare Schreibtische und eine gute WLAN-Verbindung, sowie fast vollständig ohne Papier auskommende Arbeitsprozesse waren die Regel. Natürlich habe ich nicht die ganze Zeit nur am Schreibtisch verbringen müssen.
Meine Woche begann mit der Besichtigung des Abgeordnetenbüros und dem Kennenlernen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Engin Eroglu hat in Brüssel aktuell zwei Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin, welche jeweils für IT und Social Media, Büroleitung und Wirtschaft und für Auswärtige Angelegenheiten zuständig sind bzw. für die jeweiligen zwei Ausschüsse ECON (Wirtschaftsausschuss) und AFET (Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten). Insbesondere der AFET- Ausschuss war für mich interessant, da in dieser Woche mehrere Sitzungen stattfanden.
Zu meinen ersten Aufgaben gehörte der Auftrag, eine Pressemitteilung zu verfassen, in welcher Herr Eroglu die Befreiung von der Einkommensteuer für Überstunden forderte. Ich machte also die klassische Arbeit eines Parlamentarischen Assistenten und muss zugeben, dass ich mit dem Verfassen doch ein wenig zu tun hatte. Gegen Nachmittag besuchte ich schließlich das Parlamentarium, das Museum des Europäischen Parlaments, für welches die noch übrigen zwei Stunden definitiv zu wenig waren.
Auch der Dienstag begann zunächst mit einer Schreibaufgabe: Konkret ging es darum darzulegen, dass die aktuell sehr hohe Inflationsrate bereits vor rund einem Jahr aufgrund verschiedener Indikatoren vorhersehbar gewesen ist. Dies hatte er bereits im September vergangenen Jahres in einem Artikel erläutert. Es galt zu verdeutlichen, dass nicht nur der Ukrainekrieg ursächlich zu sehen ist, sondern dass bereits vor einem Jahr seitens der EZB mit einer anderen Geldpolitik hätte reagiert werden müssen. Auch sollte ich einen Vergleich zur Schweizer Nationalbank ziehen, da die Inflationsrate in der Schweiz bei weitem nicht so hoch ist, wie bei uns in Deutschland.
Gegen Nachmittag nahm sich Herr Eroglu MdEP Zeit für einen deutlich detaillierteren Gang durch das Parlamentsgebäude. Wir besichtigten den Plenarsaal, verschiedene Ausschuss- und Besprechungsräume und ich bekan einen guten Überblick über das gesamte Gebäudeensenble. Er erklärte mir, dass das Europäische Parlament ein Arbeitsparlament ist. Dies bedeutet, dass die eigentliche parlamentarische Arbeit in den jeweiligen themenorientierten Ausschüssen geleistet wird, über welche dann später im Plenum die Abstimmung stattfindet. Des Weiteren besuchten wir die sogenannte „Mickey-Mouse-Bar“ und das hauseigene Fernsehstudio.
Der Mittwoch war der für mich mit Abstand interessanteste Tag. Nachdem ich an einer kurzen Ausschusssitzung teilnehmen durfte, ging es zu einem Meeting mit einem Vertreter der finnischen Firma Neste. Engin Eroglu und ich trafen ihn in der sogenannten MEP-Bar, einem exklusiven Café, nur für Mitglieder des Europäischen Parlaments und deren Begleitung. Der Lobbyist stellte sich und sein Unternehmen vor: Neste sei ein Mineralölunternehmen, welches sich auf die Herstellung von erneuerbaren Kraftstoffen spezialisiert habe. Des Weiteren bot er uns eine Raffineriebesichtigung an und bekräftigte die Bemühungen seines Unternehmens, seine Kraftstoffe in naher Zukunft vollständig aus Abfällen herzustellen – aus meiner Sicht eine zukunftsweisende Technologie mit viel Potential.
Gegen Mittag stand bereits das nächste Meeting an, Herr Eroglu traf sich mit drei Vertretern des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken zum Mittagessen. Beide Meetings waren für mich höchst interessant, wurde doch in ihnen deutlich, wie Kommunikation zwischen Politikern und Wirtschaftsvertretern abläuft.
Am Nachmittag bot mir Herr Eroglu MdEP die Möglichkeit, dezidiert Fragen zu stellen. Eine Möglichkeit, welche ich gern nutze, um über die Politik zu diskutieren und mir Notizen zu machen. Mir persönlich war besonders wichtig, neben Inhalten zum Parlament und Europa, ebenfalls möglichst viel über Engin Eroglus politische Haltung und die seiner Partei zu erfahren. Beispielsweise interessierte mich die Frage der Energieversorgung in Deutschland, welche Maßnahmen seiner Meinung nach ergriffen werden sollten, um zeitnah CO2-neutral zu wirtschaften und die Haltung der FREIEN WÄHLER bezüglich der Frage, wer wie in der aktuellen Krise entlastet werden soll und kann. Auch die Gerechtigkeitsfrage war stets Gegenstand der Debatte. Er erläuterte mir, dass Gerechtigkeit für ihn direkt im Zusammenhang mit erbrachter Leistung stehe. Mehr erbrachte Leistung müsse auch mehr entlohnt werden.
Der Mittwoch endete mit einer 90-minütigen AFET-Sitzung, welche sich mit der Rolle Chinas und Russlands und somit mit zwei immer mehr zusammenarbeitenden Autokratien befasste. Dieser Ausschuss kann größentechnisch gut mit der des Hessischen Landtages verglichen werden. Es gibt öffentliche und nichtöffentliche Sitzungen. Wobei die wirklich wichtigen Dinge meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit debattiert werden, das heißt hier “in camera“.
Wie die Tage zuvor begann auch der Donnerstag um 9.00 Uhr. Ich schrieb meinen Artikel weiter, bevor um 9.30 Uhr wieder der AFET-Ausschuss zu einer Sondersitzung zum China-Taiwan-Konflikt zusammentraf. Seitens der Kommission wurde die gegen das unabhängige Taiwan gerichtete Ein-China-Politik kritisiert, bei weitgehender Zustimmung der Parlamentarier.
Auch am Nachmittag ging es wieder um Taiwan. Mit der von Herr Eroglu für Auswärtige Angelegenheiten zuständigen Sekretärin traf ich die Vertreterin der National Dong Hwa University, Dr. Zsuzsa Anna Ferenczy. Sie hob die starke wirtschaftliche Kraft Europas und den entsprechenden Einfluss auf die Politik in China hervor. In der Zeit zwischen den einzelnen Terminen kümmerte ich mich weiter um meinen Artikel.
Denn den letzten Tag meines Praktikums brachte ich damit zu, diesen Bericht zu schreiben. Ich stellte für mich noch offene Fragen und verabschiedete mich schließlich.
Ich gehe mit einem sehr positiven Gefühl aus diesem Praktikum. Zum einen bin ich dankbar, dass es mir so unkompliziert ermöglicht wurde, zum anderen hatte ich das Gefühl, dass Herr Eroglu mir wirklich Dinge zeigen und Antworten auf meine Fragen geben wollte. Ich wurde von Ihm und seinen Mitarbeitern sehr ernst genommen und jeder war offen für meine Fragen. Des Weiteren durfte ich alle wichtigen Orte der Gebäude sehen und den gesamten Arbeitsalltag erleben. Ich wurde nahtlos ins Team integriert und ich erledigte Aufgaben, die sonst einer der anderen gemacht hätte. Auf diese Weise erlangte ich nicht nur einen Einblick in den Beruf eines Politikers, sondern auch in den eines Parlamentarischen Assistenten. Jeder, der die Chance bekommt ein vergleichbares Praktikum zu machen, sollte diese unbedingt nutzen, es war ein großartiges Erlebnis, für welches ich mich bei der Fraktion Renew Europe herzlichst bedanken möchte.